Berliner Verkehrsbetriebe

BVG, Berliner Verkehrsbetriebe Projekt „Menschen" für die Berliner Verkehrsbetriebe Künstlergruppe Inges Idee

In unmittelbarer Nähe der neuen Mitte und unweit des Potsdamer Platzes, hat die BVG, Berliner Verkehrsbetriebe, in prominenter Lage neben dem Museum für Verkehr und Technik, einen Verwaltungsneubau am Tempelhofer Ufer 31/32 errichten lassen.

Der Neubau des Berliner Architekturbüros Joachim Ganz nimmt in seiner Architektur und den verwendeten Baumaterialien (Metallverkleidung der Fassade, Glas und Stein) Bezug auf die technisierte, von unterschiedlichen Verkehrsarten wie U-Hochbahn, Strasse, Schiffverkehr umgebene Stadtlandschaft. Besonders markant ist der am Museum für Verkehr und Technik montierte „Rosinenbomber", der über den Landwehrkanal zu fliegen scheint.

Der Mittelbau des neuen Verwaltungsgebäudes schließt mit einer 6-geschossigen Glasfassade zum Tempelhofer Ufer ab. Hinter dieser Fassade befindet sich ein dreieckiger Hof, auf den alle Büros hin ausgerichtet sind. Vor den Büros umlaufen begehbare Galerien, die Glasfassade einschließend, den gesamten Hof.

Für die künstlerische Gestaltung dieses, auf große Außenwirkung angelegten Raumes wurde Samuelis Baumgarte Art Consulting zunächst mit der Entwicklung einer Kunstkonzeption beauftragt. Ziel der Überlegungen war es, verschiedene Künstler aus unterschiedlichen Kunstsparten, Modelle entwickeln zu lassen, die einerseits mit dem konkreten architektonischen Raum kongruieren sollten, andererseits aber auch Bezug zu den Tätigkeitsfeldern der BVG und dem städtebaulichen Umfeld haben mussten.

Nach der erfolgten Präsentation entschied sich der Vorstand der BVG für die Realisierung des unter Federführung von Samuelis Baumgarte Art Consulting entwickelten Konzeptes der Berliner Künstlergruppe Inges Idee, die ihrer Arbeit den Titel: Menschen (Staufreie Zone) gab.

Die aus Hans Hemmert, Axel Lieber, Thomas Schmidt und Georg Zey bestehende Künstlergruppe Inges Idee hat sich in den letzten Jahren durch ihre ungewöhnlichen, oft hintergründigen Kunstprojekte einen Namen gemacht. Ihre Überlegungen zur künstlerischen Gestaltung des BVG-Neubaus lauten wie folgt:

Der Neubau der BVG am Tempelhofer Ufer befindet sich in exponierter Lage, direkt neben dem Museum für Verkehr und Technik und dem neu entstandenen Zentrum Berlins. Darüber hinaus wird die Funktion der BVG durch die zwischen den Gebäudekomplexen hochgetrasste U-Bahnlinie 1 sichtbar. Diese ungewöhnliche Situation wird nachts durch ein „Lichttor" zwischen den Gebäuden geschickt dramatisiert.

Der für den Wettbewerb vorgesehene gläserne Eingangsbereich ist besonders bei Dunkelheit der Symmetrie des Lichttores untergeordnet. Ein zusätzlicher Fokus auf ein solitäres Objekt im Sinne des abgehängten Rosinenbombers des Museums für Verkehr und Technik erscheint uns nicht sinnvoll. Die bereits vorhandenen Großobjekte, Flugzeug und einfahrende U-Bahnen, lassen einen dritten konkurrierenden Solitär unmöglich erscheinen. Das Bild des Verkehrs wird durch beide Objekte bereits ausreichend repräsentiert.

Der Vorschlag sieht deshalb eine Inszenierung der gesamten Eingangshalle vor, wobei nicht Bewegung oder Fahrzeuge als Bild gewählt werden, sondern Figuren, die für die Fahrgäste der BVG stehen.

Von der Decke des Eingangsbereiches werden ca. 200 Figuren in den gesamten Vorraum abgehängt. Die Figuren sind in drei verschiedeen Größen locker gestaffelt im Luftraum positioniert, wodurch eine perspektivische Tiefenwirkung weiter verstärkt wird. Es entsteht der Eindruck einer schwebenden Wolke von Figuren, die in einer gleichmäßigen Dichte die Eingangshalle bevölkern. Alle Figuren sind in unterschiedlichen Farben gefasst, so dass aus der Ferne so etwas wie ein abstrakt-pointilistisches Bild entsteht, welches die in Form und Material streng gehaltene Architektur angenehm kontrastiert.

Der Entwurf setzt auf den Menschen, den Fahrgast, als zentrales Thema der BVG. Von weitem wird die Installation als luftige „allover" – Struktur wahrgenommen, bei Annäherung jedoch spezifizieren sich die einzelnen Figuren: individuelle Kleidung, verschiedene Geschlechter und Herkünfte werden sichtbar. Die Figuren könnten für einen Querschnitt der Berliner Bevölkerung und damit der Nutzer der BVG stehen. Somit wird auf die soziale Bedeutung der BVG und ihre eigentliche Aufgabe – die Beförderung von Menschen – hingewiesen.

Neben den inhaltlichen Faktoren des Entwurfs wird ausdrücklich auf den architektonischen und städtebaulichen Kontext Bezug genommen. Die schwebenden Figuren mit ihrer vertikalen Ausrichtung kontrapunktieren die vorherrschenden horizontalen Linien des Gebäudes (Brüstungen), sowie die vorbeiführenden Verkehrsströme (Straße, U-Bahn, Schifffahrt), die sich alle in der Horizontalen bewegen. Das Bild des schwebenden „Figurenregens" ist ein ruhiges Innehalten im brausenden Vorbeiziehen des Verkehrs. Der Entwurf offeriert unterschiedlichste Blickwinkel aus der Ferne als bewegtes abstraktes Farbvolumina, vor dem Gebäude und beim Eintreten als Menschenmenge, sowie aus den einzelnen Büros heraus als differenzierte Charaktere. Durch die im Gebäude wirksamen Luftströme können sich die Figuren langsam drehen, ein leichtes und poetisches Bild von Bewegung entsteht. Nachts kann durch den gezielten Einsatz von Beleuchtung ein imposantes Bild entstehen, welches das benachbarte Tor um eine zusätzliche Stimmung ergänzt. Im Gegensatz zu dem benachbarten Museum für Verkehr und Technik rückt unser Vorschlag den Mensch ins Zentrum. Das von weitem erkennbare emblematische Bild der verschiedenen Fahrgäste setzt bewusst auf Vielteiligkeit, die sich bei Annäherung in verschiedne Individuen aufspaltet. Das von uns gewählte Motiv entspricht eher einem zerstäubten Duft, einem losgelösten und schwerelosen Gefühl und transportiert so eine völlig andere Attitüde von Verkehr als die Geste des unmittelbaren Nachbars.